Wohin treibt Südosteuropa?
Zum Amtsantritt im Jahr 2012 prophezeite der damalige sozialdemokratische Premierminister Zoran Milanović seinen Landsleuten für das Jahr 2015 – es werde in Kroatien eine «bessere und gerechtere Gesellschaft, eine Gesellschaft der Solidarität, der Gleichheit und des Fortschritts» geben.
Nicht nur, dass er dieses Ziel nicht erreicht hat – Kroatien gehört weiterhin zu den ärmeren Ländern der EU-Mitgliedsstaaten. Nur in Spanien und Griechenland gibt es mehr Arbeitslose. Ihren Unmut darüber taten die Wählenden bei den Parlamentswahlen im November kund und gaben ihre Stimme lieber der nationalkonservativen HDZ. Diese regiert seither in einer eher unfreiwilligen Koalition mit der wirtschaftsliberalen Partei MOST. Man ist zerstritten. Es wird bereits von Neuwahlen geredet. Besonders heikel ist die Ernennung des HDZ-Mitgliedes Zlatko Hasanbegović zum Kulturminister, ein Politiker mit rechtsextremer Vergangenheit der erst kürzlich wieder für Unverständnis sorgte, als er einen Film lobte, der die Opferzahlen des kroatischen Konzentrationslagers in Jasenovac als übertrieben bezeichnet. Für die Regierung kein Grund zur Besorgnis. Viele Andere fragen sich jedoch, ob Kroatien nach Ungarn und Polen jetzt der nächste Rechtsaußenspieler der Union wird und wo die linke Abwehr bleibt.
Weiter südlich hat Mazedonien schon lange den Weg zur Demokratie verlassen. Das Land ist seit 2006 fest in der Hand von Premierminister Nikola Gruevski und seiner Partei VMRO-DPMNE. Gruevski – der von der EU protegierte ehemalige Projektmanager der Konrad-Adenauer-Stiftung – prägt seitdem mit Größenwahn und Nationalismus das Regierungshandeln. Opposition und Medien werden eingeschüchtert und an den Rand gedrängt. Auch die massiven Studentenproteste 2014, die sich zunächst gegen eine geplante Bildungsreform formierten und auch den Rücktritt der Regierung forderten, änderten nichts am Regierungshandeln. Seit der im April verkündeten Amnestie aller Politiker, die wegen Korruption und Beteiligung am Abhörskandal letzten Jahres angeklagt waren, sind die Proteste lauter und bunter denn je. Die mazedonische Linke ist Teil des Widerstandes. Einer Ihrer wichtigster Protagonisten steht wegen eines vermeintlichen Farbbeutelwurfes auf den Präsidentenpalast unter Hausarrest.
Über den Erfolg der Rechten, undemokratisches Regierungshandeln und linke Abwehrstrategien wollen wir diskutieren mit:
Adelina Gjorgjioska – hat einen Masterabschluss in Konfliktstudien und promoviert derzeit in Rom zur sozialen Repräsentanz sozialer Bewegungen und Proteste in Südosteuropa. Sie ist Mitglied der linken mazedonischen Bewegung Solidarnost in Skopje.
Marko Kostanić – ist Mitglied der kroatischen Redaktion von Le Monde Diplomatique (Kroatien) und Redakteur des Regionalen Internetportals „Bilten“. Des Weiteren auch Mitglied der Redaktion der Theoriezeitschrift “3k: kapital, klasa, kritika“.
Ladislav Tomičić – ist Journalist der kroatischen Tageszeitung Novi list, außerdem Chefredakteur des unabhängigen Netzjournales Lupiga.com.
Moderation:
Jerko Bakotin – freier kroatischer Journalist (ND, Novosti, 3. Kanal kroatisches Radio).
Kürzlich ist im Algoritam Verlag (Zagreb) sein Buch mit dem Titel „ BRATSTVA I UBOJSTVA, GAJĐIN“ (Bruderschaften und Tötungen, Gaijin) erschienen.
Die Veranstaltung findet auf Englisch ohne Übersetzung statt.
Ort und Zeit: Dienstag, 24. Mai | 19 Uhr | RLS, Berlin, Franz-Mehring-Platz 1 | Salon
Wir freuen uns auf Ihr/Euer Kommen und einen interessanten Abend.